Einführung Wandaufbau: Planung und Berechnung

Ziel ist ein möglichst schimmelsicherer Tinyhouse-Aufbau. Viele Anforderungen bezüglich Dämmwert, Kosten, Ökologie, Gewicht und Wartungsaufwand müssen dabei abgewogen werden. Der „perfekte“ Wandaufbau ist also individuell.

Es gibt aber auch Bereiche, in denen gut/schlecht keine Auslegungssache ist: Der Wandaufbau muss bauphysikalisch brauchbar sein! Das betrifft insbesondere die Statik und den Feuchte- & Schimmelschutz. Um Letzteren geht es in diesem Beitrag.

Schimmelpilze

Für Schimmelwachstum ist kein flüssiges Wasser nötig. Eine Luftfeuchte von 75 – 80 % genügt bei entsprechenden Umgebungsbedingungen (Temperatur, Nährboden, pH-Wert). Ziel sollte sein, dass Temperatur und Luftfeuchte Schimmelwachstum unmöglich machen, schimmelsichere Materialien oder Anstriche sollten in der Regel nur als zusätzliche Absicherung dienen.

Berechnung

Dämmwert, Taupunkt, sommerlicher Wärmeschutz, Gewicht und weitere Kennzahlen könnt ihr unkompliziert mit dem kostenlosen Tool von Ubakus.de berechnen. Damit kann man auch als Laie ganz einfach austesten, welche Materialien und Aufbauten grundsätzlich (nicht) geeignet sind.

Die Aussagekraft der Berechnungen ist aber eingeschränkt. Ubakus.de selbst verweist z.B. darauf, dass Konvektion und die Kapillarität der Baustoffe nicht berücksichtigt werden und sich Probleme wie Flankendiffusion und Restleckagen nicht abbilden lassen. Daraus folgt:

„Auch wenn der Feuchteschutz im grünen Bereich liegt, kann das Bauteil in ungünstigen Situation (nördliche Orientierung, hohe Dachneigung, kalte Klimazone) kritisch sein. Liegt die Bewertung im gelben oder gelbgrünen Bereich, sollte grundsätzlich eine genauere Untersuchung folgen.“

https://www.ubakus.de/aussen-dampfdichte-daecher-das-muessen-sie-wissen/

Ich würde auf alle Fälle empfehlen, den finalen Aufbau mit einem Profi (Architekt, Bauingenieur, Bauphysiker,…) abzuklären.

Gebäudehülle

Luftdichtheit

Moderne Gebäude werden immer luftdicht ausgeführt und es kommt zu keinem Luftzug (Konvektion). Es kann so keine feuchte Innenluft in die Dämmung ziehen, dort abkühlen und zu Feuchteschäden führen.

Alte Fachwerkhäuser waren nicht luftdicht und dennoch oft schimmelfrei. Das liegt an dem extrem großen Luftwechsel durch Spalte in der Wand. Die warme, feuchte Innenluft wird im Winter beständig ersetzt durch kalte, trockene Außenluft. Eine extrem niedrige Luftfeuchte ist die Folge, ebenso wie entsprechend hohe Heizkosten. Wird nun der große Luftwechsel eingeschränkt (z.B. durch den Einbau neuer Fenster), kommt es häufig zu Feuchteschäden.

Vom Bauen ohne Dichtheitsebene würde ich als Laie in den meisten Fällen dringend abraten. Besonders problematisch sind halbwegs luftdichte Wandaufbauten, bei denen an einzelnen Stellen Innenluft in die Dämmung strömen kann.

Diffusion

Abzugrenzen von der Luftdichtheit ist die Diffusion. Bei einem diffusionsoffenen luftdichten Aufbau können geringe Mengen Feuchtigkeit durch die Wandmaterialien selbst dringen. Die bei Nutzung als Wohngebäude entstehende Feuchte ist aber ungleich größer und muss anders abgeführt werden. Hier führt kein Weg an einem geeigneten Lüftungskonzept vorbei.

Meist werden in Neubauten Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung eingesetzt, so kann ein Teil der Wärme aus der Abluft zurückgewonnen werden. Vorteile der Abdichtung sind also bei korrekter Bauweise ein geringerer Energiebedarf, ein geringeres Schimmelrisiko in der Wand und mehr Komfort (kein unangenehmer Zug im Winter).

Einfluss der Klimazone

Bei der Wahl eines geeigneten Wandaufbaus spielt die Klimazone und die spätere Nutzung eine entscheidende Rolle.

Hier in Deutschland gilt wegen des langen kalten Winters die Faustregel, dass die Wandmaterialien von innen nach außen diffusionsoffener werden sollen. Bei einem diffusionsgeschlossenen Aufbau ist das theoretisch egal, in der Praxis (z.B. angesichts kleinster Undichtigkeiten) oft trotzdem sinnvoll.

Alle Ausführungen hier beziehen sich auf mittel- bis nordeuropäisches Klima.

Wärmebrücken

Die für das Schimmelwachstum ausschlaggebende relative Luftfeuchte ist abhängig von der Temperatur und muss daher jeweils direkt an der Bauteiloberfläche gemessen/ berechnet werden. Für den Innenraum und die Dämmebene ist wegen der unterschiedlichen Luftfeuchte eine getrennte Betrachtung nötig.

Häufige Wärmebrücken sind:

Jeweils in Dämmebene und dem Innenraum müssen die Bauteile unkritisch sein. Eine thermische Entkopplung ist sinnvoll, wo möglich.

Fassade & Dach

Dämmung und Innenraum müssen auch bei Schlagregen, Schnee und Staunässe trocken bleiben. Wo immer möglich sind konstruktiv dichte Lösungen mit haltbaren Materialien, die ohne Pflege dauerhaft dicht sind, optimal (z.B. Stehfalzeindeckungen).

Korrekte Anschlüsse sind die Herausforderung, leider müsst ihr euch da woanders informieren.

Die Dachform hat großen Einfluss auf die Möglichkeit der Hinterlüftung, ein Pultdach ist optimal. Dachfenster sind eine klassische Schwachstelle.

Schutz vor Schädlingen

Dämmung, Hinterlüftung und alle statisch relevanten Bauteile müssen vor Schädlingsbefall/ Nestbau geschützt werden.

Redundanz

Hilfreich fand ich diese Fragen:

  • Was passiert, wenn mal Wasser hinter die erste „Ebene“ (Außenfassade/ hinter die Fensterlaibung) kommt? Über die Jahr(zehnt)e wird das geschehen.
  • Wie sieht das Tinyhouse/ Bauteil nach 30 Jahren Belastung aus?

An allen Stellen, bei denen eine Fehlfunktion fatale Auswirkungen hätte, ist eine doppelte Absicherung hilfreich. So z.B. bei Dach & Fassade durch Verwendung einer Unterspannbahn. Diffusionsoffene Aufbauten haben oft eine höhere Fehlertoleranz („Bau-Schaden-Freiheits-Potential“). Ein Bekannter/Bauphysiker mit viel Erfahrung im Holzbau empfahl dringend eine diffusionsoffene Bauweise, idealerweise mit Klimamembran.

Mythos „Atmungsaktive Wand“

Es ist problematisch, dass luftdichte Aufbauten aufgrund von diffusionsoffener Bauweise oft als „atmungsaktiv“ beworben werden. Denn damit assoziiert ist die Annahme eines Luftwechsels und dadurch gelösten Feuchteproblems. Beides ist bei diesem Aufbau nicht der Fall.

Die Wand kann auch bei sehr diffusionsoffener Bauweise nur wenig Feuchte abführen und kein Lüftungskonzept ersetzen.

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